Chronik 1941 – 1950

1941

4. März
Im Alter von 70 Jahren verstarb der Hammerschmiedemeister Peter Rutt, wohnhaft in Breitenbenden. Der Verstorbene stammte aus Vussem und war mit Gertrud Münch verheiratet. Als Besitzer der Schneidmühle (Hammerwerk) produzierte er landwirtschaftliche Geräte wie zum Beispiel Kolter, Pflugscharen und Hacken. 3) 34)

6. April
Am Palmsonntag hielt die Gemeinde Einzug in die neue Kirche. Unter sehr starker Beteiligung der Bevölkerung sowie der Anwesenheit des gesamten Klerus des Dekanates und den Patres des Missionshauses benedizierte der Geistliche Rat Dechant Schriever die Kirche. 14)

13. April
Am Ostersonntag feierte der Rektor Pater Alfons Schmitz die erste heilige Messe in der neuen Kirche. In dieser heiligen Messe gingen folgende Kinder erstmals zur heiligen Kommunion: Anna Berners, Caroline Dreesen, Sibilla Hein, Maria Schnichels, Ernst Dasburg, Josef Kaltwasser, Josef Keil, Matthias Louis und Friedrich Pütz.
Nachmittags war die Taufe für den ersten Täufling Franz Josef Velser, Sohn von Josef Velser und Gertrud, geborene Ohlenhard. 14)

Die Rektoratskirche St. Margareta kurz nach der Fertigstellung 1941
Innenansicht der heutigen Pfarrkirche St. Margareta vor der Umgestaltung,
die 1967 abgeschlossen wurde

22. April
Die ersten Exequien hielt der Rektor für den Verstorbenen Peter Klein aus Vussem. 14)

10. Juli
Die Witwe des Verstorbenen Hammerschmiedemeisters Peter Rutt verkaufte die Schneidmühle an Johann Lückerath aus Breitenbenden. Die zu den Gebäulichkeiten gehörigen Fabrikeinrichtungsgegenstände waren: 1 Schwanzhammer, 1 Lufthammer, 1 Exzenterpresse, 1 Schmirgelstein, 1 Gebläse, 2 Schmiedeöfen, 1 Schmiedeherd, 1 Amboss und diverse Werkzeuge.
Johann Lückerath produzierte für die Rüstungsindustrie. Als Antriebsaggregat diente eine Wasserturbine. 34)

16. August
Das Kloster (Missionshaus) wurde vom Kreis Schleiden nach den Richtlinien des Reichsleistungsgesetzes beschlagnahmt und in eine Heilstätte für lungenkranke Männer umgewandelt. Den Missionaren vom Heiligsten Herzen Jesu verblieb nur noch ein kleiner Teil der Räumlichkeiten. Der Rektor Pater Schmitz nahm Wohnung in der früheren Post bei der Witwe Matthias Kuck. 14)

Missionshaus Vussem bei Mechernich

23 September
Als erster Vussemer Soldat fand der dreiundzwanzigjährige Christian Wagner, Sohn von Johann Wagner und Josefa, geborene Ley, im II. Weltkrieg den Tod. Als Gefreiter einer Flakeinheit verunglückte er in der Festung Ehrenbreitstein. 35)

14. Oktober
Als zweiter Vussemer Soldat ließ Jakob Schmidt, Sohn von Hubert Schmidt und Katharina, geborene Klinkhammer, im II. Weltkrieg sein Leben. Jakob Schmidt fiel im Alter von 24 Jahren als Panzerjäger bei Kalinin in Russland. 36)

1. Dezember
Im Alter von 27 Jahren fand Heinz Dalboth, Sohn des Heinrich Dalboth und Elisabeth, geborene Vogelsberg, an der russischen Front bei Kiew den Tod. 37)

Nachdem der Posthalter Matthias Kuck im Jahre 1939 verstarb, übernahm Fräulein Luise Wielspütz die Vussemer Poststelle II. Somit wurde die Poststelle vom Unterdorf (Haus Kuck) in die Mühlengasse verlegt. 38)

Ab dem Schuljahr 1941/42 erfolgte die Einschulung nicht mehr zu Ostern, sondern im Herbst. Der Unterrichtsverlauf wurde nun stark von den Kriegsereignissen geprägt. So fanden oftmals schulische Großveranstaltungen statt, wo alle zur Amtsgemeinde Mechernich gehörenden Schulklassen sich zusammenfanden, um an propagandistischen Veranstaltungen teilzunehmen.
Weiterhin fanden unter Aufsicht der Lehrer Luftschutzübungen statt. Zu diesem Zweck wurden auf freiem Gelände Verhaltensmaßnahmen bei Luftangriffen geübt. So mussten die Kinder in der Lage sein, in kürzester Zeit Gasmasken aufzusetzen. Um die Übungsmaßnahmen zu unterstützen, wurde im Feuerwehrhaus Tränengas freigegeben, wobei anschließend verheulte Kinderaugen den Erfolg bekundeten. Aufgrund von Anordnungen musste im Rahmen der Schulstunden, gelegentlich auch nach dem Unterricht, Pflichtaufgaben wahrgenommen werden. Zu diesen Aufgaben zählten das Sammeln von Kräutern für die Teegewinnung, Sammeln von Altmaterial und Knochen. Der effektive Schulunterricht war hierdurch sehr stark reduziert, so dass die Lehrstoffvermittlung erheblich zurückging.
Die Jungen und Mädchen im Alter von 10 bis 18 Jahren mussten den Gliederungen der nationalsozialistischen Jugendorganisation angehören. Für die Jungen waren das das Jungvolk, die Hitlerjugend (HJ), für die Mädchen die Jungmädel, der Bund Deutscher Mädchen (BDM). Im Rahmen dieser Organisationen fanden wöchentliche Veranstaltungen statt, die als politische Schulungsprogramme zur Pflicht gemacht wurden. Die Führungsaufgaben wurden von nationalsozialistischen Parteimitgliedern wahrgenommen. Durch die Pflichtteilnahme an diesen Veranstaltungen kam es sehr häufig zu Konfliktsituationen, da diese Veranstaltungen besonders an Sonntagen bewusst auf Zeiten der Gottesdienste gelegt wurden. 32)

Ein besonderes Ereignis machte das Verhältnis von Staat und Kirche deutlich:
Entsprechend der nationalsozialistischen Weltanschauung wurden alle religiösen Symbole aus den Schulen entfernt. 32)

1942

8. Januar
Der Infanterist Kurt Thiele, verheiratet mit Margarethe, geborene Gülden, fand an der Wolga den Tod. Kurt Thiele war gebürtig aus Hamborn und hinterließ die Ehefrau mit zwei kleinen Mädchen. 39)

3. März
Josef Freyschmidt fand bei einer Panzereinheit im Donezbecken in Rußland den Tod. Er war der Sohn von Fritz Freyschmidt und Maria, geborene Winter. 14)

14. Juni
Der Administrator des Bistums Aachen, Bischof Dr. Hermann Josef Sträter, kam zur Kirchenweihe nach Vussem. Von der Margarethenkapelle zog die Gemeinde mit dem Bischof zur neuen Margarethenkirche, wo die Konsekrationsfeierlichkeiten stattfanden. In den Altartisch wurden die Reliquien des Hl. Verikundus und der Hl. Blandina eingebracht. Das anschließende Hochamt hielt der Superior des Klosters, Wilhelm Laumen. Der Kirchenchor sang die Messe „Stella Mariae“ von Griesbacher. Am Nachmittag war Firmung für 57 Firmlinge. 14)

27. September
Der zwanzigjährige Soldat Peter Bertram, Sohn der Eheleute Matthias Bertram und Marianne, geborene Kolvenbach, fand in Rußland an der Ilmenseefront in der Nähe von Staraja Russa den Tod. Er war mit Wilhelm Gülden in einer Einheit. 14)

29. November
Der Infanterist Josef Knauf fand bei Stalino in Rußland den Tod. Josef Knauf war gebürtig aus Meyrode bei St. Vith und mit Maria, geborene Schmidt, verheiratet. 40)

1943

Januar
Die Kirchengemeinde Vussem-Breitenbenden feierte das silberne Jubiläum ihres Bestehens. Wegen der Kriegsverhältnisse und der nationalsozialistischen Herrschaft konnte nur in aller Stille gefeiert werden. 14)

9. Mai
Der neunzehnjährige Grenadier Johann Wagner fand bei den Kämpfen bei Krymskaja im Kaukasus den Tod. Die Eheleute Johann Wagner und Josefa, geborene Ley, verloren damit ihren zweiten Sohn. 41)

18. Juli
Im Alter von vierunddreißig Jahren fand der Kavallerist Karl Wielspütz in Rußland im Raum Orel den Tod. Karl Wielspütz hinterließ die Ehefrau und zwei Kinder. Er war der Sohn von Heinrich Wielspütz und Pauline, geborene Serexhe. 42)

10. August
Im Südabschnitt der Front in Rußland fand der sechsundzwanzigjährige Panzerfahrer Peter Gülden bei Stalino den Tod. Peter Gülden war der Sohn von Hubert Gülden und Ursula, geborene Vogelsberg. 43)

14. August
Im Raum Tarnopol in Rußland fand der Soldat Wilhelm Bertram den Tod. Mit Wilhelm Bertram verloren Matthias Bertram und Marianne, geborene Kolvenbach, bereits ihren zweiten Sohn. 14)

August
Die Geheime Staatspolizei (Gestapo) stahl die Borromäusbibliothek. 14)

Die achtundzwanzigjährige Agnes Vogelsberg, Tochter des Peter Vogelsberg und Amalie, geborene Michels, trat der Ordensgemeinschaft der Liebfrauen-Schwestern bei. Agnes Vogelsberg nahm den Namen Schwester Thabita an und arbeitete nach den erforderlichen Studien in der Familienpflege. 29)

Dezember
Im Alter von einunddreißig Jahren fand Johann Schmidt bei einer Panzereinheit in der Nähe von Kirowograd in Rußland den Tod. Mit Johann Schmidt verloren Hubert Schmidt und Katharina, geborene Klinkhammer, ihren zweiten Sohn in diesem Krieg. 14)


1944

22. Februar
Der Flugzeugführer Josef Berners landete nach einem Feindflug gegen England nicht auf seinen Standortflugplatz in Melsbroek bei Brüssel sondern in Hangelar. Sogleich teilte er seinen Eltern mit, dass er beim Rückflug nach Melsbroek eine „Runde“ über Vussem drehen würde. Nach dem Start in Hangelar um 17:45 Uhr überflog Josef Berners wenig später in einer Junkers Ju 88 seinen Heimatort in geringer Höhe und konnte die ihm zuwinkenden Eltern und Bekannten gut erkennen.
Mit knapp achtzehn Jahren wurde Josef Berners 1940 als Freiwilliger zur Luftwaffe eingezogen und war mit fünf Brüdern im Krieg.
Die Ausbildung zum Flugzeugführer erhielt er in Güstrow bei Warnemünde. Der erste Feindflug führte ihn am 21. Januar 1944 gegen London.
Bei Angriffen gegen die Schiffe der alliierten Invasionstruppen erhielt seine Maschine einen Treffer. Mit brennenden Motor gelang ihm noch die Landung bei St. Andrè hinter der deutschen Linie. Gegen Ende 1944 erfolgte seine Verlegung an die Ostfront, wo er Einsätze mit dem Flugzeugtyp „Mistel“ flog. Der letzte Flug mit Landung in Wismar war am 30. April 1945. Nach zwei Monaten amerikanischer Gefangenschaft kehrte Josef Berners unversehrt aus dem Krieg heim. 44)

18. Juni
In der Vussemer Kirche fand der Gottbekenntnistag der katholischen Jugend aus den benachbarten Pfarreien statt. Der Tag nahm einen guten Verlauf, wobei die Anzahl der Teilnehmer auf 350 bis 400 geschätzt wurde. 14)

15. Juli
Der einundzwanzigjährige Theo Luxen fand als Soldat in Rußland den Tod. Die Eltern Peter Luxen und Gertrud, geborene Hullmann, waren im Krieg von Essen nach Vussem gezogen. 45)

3. August
Im Alter von einunddreißig Jahren fand Fritz Freyschmidt an der Ostfront bei Alexandrow den Tod. Die Eheleute Fritz Freyschmidt und Maria, geborene Winter, verloren somit ihren zweiten Sohn. 14)

24. August
Der Obergefreite Johann Peter Schröder fand in Rumänien beim Übergang über den Pruth den Tod. Er hinterließ die Ehefrau Agnes, geborene Wielspütz und eine kleine Tochter. Johann Peter Schröder war der Sohn von Andreas Schröder und Barbara, geborene Korth. 46)

9. September
Im Alter von vierundzwanzig Jahren fand Heinrich Winand bei einer Flakeinheit in Belgien den Tod. Er fand sein Grab auf dem Heldenfriedhof Lommel in Belgien. Heinrich Winand war der Sohn von Johann Winand und Gertrud, geborene Renn. 47)

23. September
Als Angehöriger der Waffen-SS fand der neunzehnjährige Johann Klinkhammer bei den Kämpfen in Holland den Tod. Er war der Sohn von Bernhard Klinkhammer und Elisabeth, geborene Völler. 48)

Oktober
Die Alliierten Truppen drangen im Westen immer weiter in das Deutsche Reich ein. Mit der Frontverschiebung musste ein Großteil der Bevölkerung des Monschauer Landes ihre Dörfer verlassen und hinter der Front Schutz suchen. So kamen vier Familien aus Höfen nach Vussem, wo sie mit dem mitgebrachten Vieh bis zum Kriegsende Unterkunft fanden.

Familie Paul Jansen fand Unterkunft im Kloster sowie bei Johann und Sophie Linden.

Familie Josef Theisen fand Aufnahme bei der Familie Franz Schneider.

Familie Hermann Josef Kaulartz war bei der Familie Wilhelm Müller (Scheffes) und der Familie Fuhrmann (Betriebsleiter der Firma Girards) untergebracht.

Familie Hermann Prümmer kam für die ersten Tage bei der Familie Josef Velser und später bei der Familie Schumacher unter.

Die Höfener und Vussemer Familien stehen auch fünfundvierzig Jahre später noch im Kontakt. Der damals fünfzehnjährige Alois Kaulartz erinnert sich mit seiner Schwester Maria noch gerne an das halbe Jahr in Vussem, wo er bei „Scheffes“ Wohnung fand und mit seinem Ochsen in der Landwirtschaft tätig war. 49)

1. November
Während des Briketttransportes bei dem Fuhrunternehmen Breuer verunglückte der vierzehnjährige Claus Wollenweber in Lechenich bei Köln tödlich. Der Verunglückte war ein Sohn von Werner Wollenweber und Maria, geborene Golbach. 14)

November
In Vussem quartierte sich die sogenannte „Hülsenbuscheinheit“ ein. Es handelte sich hierbei um eine Nachschubeinheit für die nahegelegene Front. Die Soldaten waren zumeist bei den Familien untergebracht. Der Fahrzeugpark stand im Klosterwald und der Allee. Die Einheit blieb etwa drei Monate im Ort. Ein Soldat lernte hier auch seine spätere Ehefrau kennen. Günter Wagner aus Schlesien, der im Januar 1945 wieder mit der Einheit abzog und letztlich im Gefangenenlager Remagen landete, kehrte gleich nach seiner Entlassung nach Vussem zurück, wo er Eva Wagner heiratete. Er fand sofort Beschäftigung bei dem Transportunternehmen Gebrüder Breuer, wo Günter Wagner zunächst aus mehreren Schrottfahrzeugen den ersten LKW vom Typ „Sauva“ zusammenbaute. 50)

12. Dezember
Im Alter von sechsundzwanzig Jahren verstarb der Soldat Heinrich Schneider, Sohn von Franz Schneider und der bereits verstorbenen Gertrud, geborene Bayard, im Lazarett in Emmendingen. 51)

Nach Bombardierung des Kreiskrankenhauses „Kreuserstift“ in Mechernich wurde im Missionshaus ein Ausweichkrankenhaus eingerichtet. Das Missionshaus diente bereits seit 1941 als Lungenheilstätte. Wie schon in Mechernich lag auch die Führung des Krankenhauses in Vussem in den Händen der Franziskanerinnen von Salzkotten. 52)

1945

Die Belegschaft der Firma Girards erhielt ihre Dienstverpflichtung nach Niedersachswerfen im Harz. In unterirdischen Produktionsstätten eines stillgelegten Bergwerkes wurde hier für die Rüstung produziert. Zum Schutz gegen die herannahende Front und die häufigen Bombardements lagerte die Firma Girards ihre Werkzeugmaschinen teilweise in die Kakushöhle aus. 15)

Januar
Neben den in Vussem schon einquartierten Soldaten suchte noch zusätzlich eine von Sankt Vith herkommende Fallschirmjägereinheit Unterkunft im Ort. Unter den Quartiernehmern war auch der aus Siegburg gebürtige Helmut Fischer, der sich bei der Familie Theodor Hermanns einquartierte. Hier lernte er mit Clara Hermanns, seine spätere Ehefrau, kennen. Bis zur Hochzeit dauerte es noch vier Jahre, denn Helmut Fischer musste mit seiner Einheit weiterziehen. Wenige Wochen später geriet er in amerikanische Gefangenschaft und kam in eines der berüchtigten Gefangenenlager bei Andernach. Von der „Hungerwiese“ gelangte Helmut Fischer in französische Gefangenschaft und lernte mehrere Lager in der Bretagne kennen. Letztlich wurde er in Brest einer Familie zugeteilt und in der Landwirtschaft beschäftigt. Wenige Tage nach seiner Entlassung am 2. Oktober 1948 kam der ehemalige Quartiernehmer wieder nach Vussem, wo er heiratete und als Versicherungskaufmann ab 1950 eine Versicherungsvertretung der Allianz aufbaute, die letztlich in einer General-Agentur gipfelte. 53)

2. Februar
Feindliche Flugzeuge warfen über Vussem etwa zwanzig Bomben ab, die Schäden an den Häusern, der Kirche und dem Kloster anrichteten. Weiterhin gab es Beschuss aus den Bordwaffen der Tiefflieger, wodurch es eine Tote und zwei Verletzte zu beklagen gab. Frau Anna Sedler aus Köln, wohnhaft Hauptstraße Nummer 44 (Hexenhaus), erlag ihren schweren Verletzungen beim Transport zum Lazarett nach Münstereifel. Beim Anwesen Fritz Dreesen erhielten Peter Dreesen leichte Verletzungen und Matthias Klein einen Lungensteckschuß. 14) 54)

7. Februar
Peter Pütz, Gefreiter in einem Fallschirmjäger-Regiment, fand in den Kämpfen bei Hassendorf in Pommern den Tod. Der zwanzigjährige Peter Pütz war ein Sohn von Christian Pütz und Therese, geborene Theisgen. 55)

5. März
Die Gebrüder Johann und Josef Esser fanden als Volkssturmleute während amerikanischen Beschusses in Mechernich und Roggendorf den Tod. Der einundfünfzigjährige Johann Esser hinterließ seine Ehefrau Cäcilie, geborene Kauert, mit sechs Kindern. Josef Esser, achtundvierzig Jahre alt, war mit Barbara, geborenen Louis, verheiratet. 13) 14)

6. März
Gegen 14 Uhr erhielt Vussem starken Artilleriebeschuss, wobei Wilhelm Münch den Tod fand. Viele Häuser wurden beschädigt, die Kirche und das Kapellchen blieben allerdings unversehrt. Nach dem Beschuss zogen die Amerikaner in den Ort ein und nahmen in einigen Häusern Quartier. Im Kloster richteten sie die Kommandantur ein. Für Vussem war damit der Krieg zu Ende. 14)
1945

10. März
Im Alter von vierundzwanzig Jahren fand Hubert Schmidt bei einer Panzereinheit am Plattensee in Ungarn den Tod. Er war zuvor Mitglied des Afrika-Corps (Panzerarmee Afrika, Heeresgruppe Afrika) gewesen, das vom Februar 1941 bis Mai 1943 in Libyen und Tunesien eingesetzt war. Unter Einbeziehung des ebenfalls gefallenen Schwiegersohnes Josef Knauf verloren die Eheleute Hubert Schmidt und Katharina, geborene Klinkhammer, ihren vierten Sohn. Als wohl einziger Vussemer fand Hubert Schmidt in einem osteuropäischen Land ein Grab, das die Familie Schmidt noch nach fünfundvierzig Jahren am Plattensee besuchen kann. 36)

8. Mai
Die Deutsche Wehrmacht kapitulierte bedingungslos. Die gesamte Eifel unterstand noch der amerikanischen Militärverwaltung. Entsprechend den Beschlüssen der Konferenz von Jalta wurde Deutschland in vier Besatzungszonen eingeteilt. Das Gebiet der Nordeifel kam zur britischen Zone. Im Juni 1945 hielten die neuen Machthaber ihren Einzug. Für Vussem war die Kommandantur in Mechernich. Von nun an bestimmte die Besatzungsmacht, was zu tun und zu lassen war. Zu den ersten Verfügungen der Militärregierung gehörten die Ausgangsbeschränkungen. Kleinste Vergehen belegten die militärischen Schnellgerichte mit Strafe. Als Hauptaufgabe galt es, zunächst die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Trotz der großen Not in allen Lebensbereichen waren die Menschen bestrebt, schnellstens wieder zum normalen Leben zurückzukehren.

31. Mai
Nach langer Zeit zog erstmals wieder die Fronleichnamsprozession durch Vussem. Das Dorf war schön geschmückt und die solang verbotenen Fahnen wehten wieder von der Kirche und von den Häusern. 14)

9. Dezember
In der Gastwirtschaft Schneider gründete sich der Sportverein 1920 Vussem neu. Die Versammlung wählte einstimmig Anton Klinkhammer zum 1. Vorsitzenden. Zu weiteren Vorstandsmitgliedern wurden gewählt:
Josef Hein, Rechnungsprüfer,
Hans Linden, Schriftführer,
Matthias Hermanns, Zeugwart und
Matthias Theisgen wurde zum Ehrenvorsitzenden gewählt.
Den monatlichen Beitrag legten die Mitglieder mit 1,00 RM fest. Der Verein nahm den Spielbetrieb bald mit zwei Senioren- und einer Jugendmannschaft auf. 56)

16. Dezember
Im ersten Spiel unterlag der SV Vussem gegen eine englische Militärmannschaft mit 4 : 2 Toren. Eine Sammlung auf dem Sportplatz erbrachte für die Vereinskasse den Betrag von 65,70 RM. 56)

1946

Januar
Der bisherige Rektor Pater Alfons Schmitz verabschiedete sich von der Gemeinde. Die Nachfolge trat der Pater Wilhelm Finke an. Pater Finke war in der Gemeinde nicht unbekannt, denn er war zuvor Verwalter des Klosters sowie als Kaplan im Rektorat tätig. 14)

4. Februar
Während der Zeit des Nationalsozialismus waren Christus und das Zeichen seines Sieges war aus der Öffentlichkeit und damit auch aus den Schulen verbannt worden. Als nach dem Krieg die Schulen wieder eröffnet wurden, hielt als Erster der Sieger Christus wieder seinen Einzug in die entweihten Räume. Als in Vussem der Unterricht wieder begann, wurde dieses Ereignis von allen Seiten freudig begrüßt. Zu lang waren die Kinder ohne Unterricht gewesen. Nach dem Gottesdienst trugen die Schulkinder das Kreuz in feierlicher Prozession unter reger Beteiligung der Ortseinwohner zum Schulhaus. Nach den Ansprachen des Rektors, des Lehrers Hoffmann aus Tondorf und des Gemeindebürgermeisters Albert Hein hängte dieser als Vertreter der Dorfgemeinschaft das Kreuz an seinen Ehrenplatz im Schulraum. 13) 14)

Februar
Unter der englischen Militärregierung bildeten eine Frau und zwölf Männer den ersten Nachkriegsgemeinderat in der Gemeinde Vussem/Bergheim.
Dies waren nachfolgende Personen:
Albert Hein – Vorsteher,
Johann Wagner,
Bernhard Klinkhammer
Andreas Schröder,
Fritz Dreesen,
Hubert Schmidt,
Peter Girards,
Marianne Münch,
Anton Fünfzig,
Franz Schumacher,
Michel Pütz,
Franz Hess,
Lambert Urbanus. 18)

17. März
Ein spätes Opfer des Krieges wurde Jakob Üdelhoven. Er wurde von einer Mine im Mechernicher Wald zerrissen. 14)

Juni
Die Mitgliederversammlung des SV Vussem beschloß, eine Damen-Handballmannschaft zu gründen. Desweiteren wählten sie Stefan Höller zum Ehrenvorsitzenden. 56)

30. Juni
Im ersten Spiel gewann die Damen-Handballmannschaft gegen Holzheim mit 5:1 Toren. 56)

22. Juli
Anlässlich des Margarethentages war erstmals wieder nach siebenjähriger Unterbrechung eine Prozession zum Margarethenhäuschen. 14)

Das Margarethenhäuschen mit der 1976 gestohlenen Margarethenstatue.

23. August
Durch Verordnung der britischen Militärregierung entstand das Land Nordrhein – Westfalen.

6. September
Hans Hermanns, Sohn der Eheleute Josef Hermanns und Sophie, geborene Vogelsberg, wurde ein weiteres spätes Opfer des Krieges. Eine Mine tötete den Dreiundzwanzigjährigen bei Telegrafenarbeiten im Eickser Wald. 14)

8. September
Die I. Fußballmannschaft schied im zweiten Spiel gegen den FC Keldenich beim Kreissportfest in Strempt aus. Die Damen-Handballmannschaft verlor im zweiten Spiel gegen die Vertretung aus Eiserfey mit 3:1 Toren, nachdem sie vorher noch die Mannschaft aus Scheven besiegt hatte. 56)

22. September
Im Kreis Schleiden begannen die Meisterschaftsspiele in der untersten Kreisklasse. Der SV Vussem hatte den SV Nöthen zu Gast und gewann mit 5:1 Toren. In weiteren Spielen trat der SV Vussem gegen die Mannschaften aus Kallmuth, Eicks, Weyer, Holzheim, Eiserfey, Keldenich, Pesch, Lorbach und Scheven an. 56)

September
Nach über dreizehn Jahren fanden erstmals wieder freie Wahlen statt. In der britischen Besatzungszone waren Kommunalwahlen. In den Rat der Gemeinde Vussem-Bergheim wurden gewählt:
Albert Hein – Vorsteher,
Johann Wagner,
Andreas Schröder,
Wilhelm Müller – Beigeordneter,
Jakob Schmitz,
Fritz Dreesen,
Anton Fünfzig,
Johann Pütz,
Matthias Koch. 18)

Nachdem der Lehrer Hoffmann erkrankte, übernahm der Lehrer Winzen dessen Vertretung. 13)

15. November
Mit Verfügung des Regierungspräsidenten vom 11. November 1946 wurde der Lehrer Hubert Thomae, zuletzt Lehrer in Dahlem, nach Vussem berufen. Er trat sogleich den Schuldienst an. 13)

19. November
Nach fünf Jahren englischer Kriegsgefangenschaft kehrte Hans Münch heim. Er erhielt als zwanzigjähriger im Februar 1941 seine Einberufung zur Wehrmacht und gleich die Zuweisung zum Afrika-Corps (Panzerarmee Afrika, Heeresgruppe Afrika). Von Sizilien aus gelangte er mit der 15. Panzer-Division in die Nähe von Tobruk. Schwer verwundet kam er im November 1941 in englische Gefangenschaft. Nach einem Hospitalaufenthalt am Kleinen Bittersee ging die Fahrt durch den Suezkanal ins Gefangenenlager Pittermaritzburg bei Durban in Südafrika. Im März 1942 wurde Hans Münch mit noch etwa viertausend anderen Gefangenen auf der „Queen Elisabeth“ nach Amerika transportiert. In New York angekommen, ging die Fahrt mit der Eisenbahn weiter zu einem Gefangenencamp in die Provinz Alberta in Kanada. Dort traf er auch den Mitgefangenen Josef Latz aus Holzheim. Wie Hans Münch berichtete, hatte er eine humane Gefangenschaft und lernte, wie schon zuvor in Afrika, die sprichwörtlich „feine englische Art“ kennen. Neben Tätigkeiten wie zum Beispiel als Waldarbeiter hatten die Gefangenen genügend Freizeit, um vielfältigen sportlichen Tätigkeiten nachgehen zu können. 57)

Dezember
Unter der Leitung von Pater Schwanewilms aus dem Kloster führten Mitglieder der Gemeinde in der Kirche ein Weihnachtsspiel von Pfarrer Derksen aus Reichenbach im Vogtland auf. Das Weihnachtsspiel fand so großen Anklang, dasses mehrmals wiederholt werden musste. 14)

1947

1. Januar
Die neugeschaffene selbständige Polizeidienststelle Vussem wurde mit dem aus Dreiborn stammenden Polizeibeamten Adolf Wolter besetzt. Zum Dienstbezirk gehörten die Orte Bergheim, Lorbach, Breitenbenden, Holzheim und Harzheim. Adolf Wolter nahm zunächst Wohnung bei der Witwe Kuck und nach seiner Verheiratung in der zweiten Lehrerwohnung. 58)

9. Februar
Die Wahlen bei der Generalversammlung des SV Vussem hatten folgendes Ergebnis:
Ehrenvorsitzender: Stefan Höller
I. Vorsitzender: Franz Weiler
Schriftwart: Josef Hein
Kassenwart: Matthias Dreesen
Zeugwart: Hans Münch
Spielführer I. Mannschaft: Hans Münch,
Spielführer II. Mannschaft: Michael Gülden,
Vereinstrainer: Matthias Dreesen, Hans Münch,
Kassenprüfer: Heinrich Wolfgarten, Agnes Müller. 56)

24. März
Aus der Volksschule wurden fünf Schüler entlassen:
Karola Dreesen,
Marianne Freischmidt,
Sibylla Hein,
Fritz Pütz,
Toni Wollenweber. 13)

Ostern
Pater Schwanewilms aus dem Kloster führte mit Rektoratsmitgliedern in der Kirche ein Mysterienspiel von der Auferstehung Jesu Christi auf. 14)

Juli
Am Margarethenfest kehrte Lorenz Wielspütz aus amerikanischer Gefangenschaft heim.
Lorenz Wielspütz wurde im Januar 1940 als Flaksoldat zur Luftwaffe eingezogen. Mit dem Afrika-Corps landete er 1941 in der Nähe von Tobruk auf dem afrikanischen Kriegschauplatz und traf hier auch mit Jean Schneider zusammen. Lorenz Wielspütz machte den Vormarsch bis El-Alamain mit. Auf dem Rückmarsch geriet er im Mai 1943 bei Tunis in englische Gefangenschaft. Über Oran in Algerien kam er nach Glasgow in Schottland. Hier wechselte er in amerikanische Gefangenschaft und musste die Reise in die USA antreten. Nach der Entlassung aus den Gefangenencamps in Alabama und North-Carolina führte ihn der Weg zunächst nach Brüssel und dann wieder nach Schottland, von wo er letztlich aus der Gefangenschaft entlassen wurde. 59)

Herbst
Der SV 1920 Vussem konnte erstmals für längere Zeit ein Wiesenstück zwecks Herrichtung eines Sportplatzes pachten. Somit war es in Zukunft möglich, auch im Sommer Fußballspiele austragen zu können. Die in der „Genossenschaft“ gelegene Wiese gehörte zum Teil Wilhelm Müller und der Kirchengemeinde Weyer. 56)

1948

2. Mai
Pater Schwanewilms führte mit der Jugend das Barbaraspiel von Pfarrer Johann Derksen auf.
Pfarrer Derksen aus dem Vogtland hatte das Spiel extra für die Rektoratsgemeinde Vussem-Breitenbenden geschrieben. Das Barbaraspiel fand großen Anklang und musste dreimal aufgeführt werden. 13) 14)

20. Juni
Die neu eingeführte Deutsche Mark löste die wertlose Reichsmark ab. Mit der Währungsreform wurde die allgemeine Wirtschaftslage verbessert. Jeder Bürger erhielt einmalig 60 DM „Kopfgeld“ und konnte sich fortan für sein verdientes Geld wieder etwas kaufen. Es dauerte nicht lange, und die Geschäfte füllten sich mit Lebensmitteln, Gebrauchs- und Luxusartikeln. Somit gingen die Jahre des Hungers und der Entbehrung zu Ende. Zu lange war die Versorgungslage vom „Schwarzen Markt“ und vom Schmuggeln bestimmt.

Die Firma Peter Girards arbeitete auf Hochtouren, etwa einhundertzwanzig Mann fanden hier Beschäftigung. Auch die Mechernicher Werke hatten Hochkonjunktur, wobei die Belegschaft auf cirka eintausend Beschäftigte anstieg. In Vussem gab es zum Ende des Jahres keine Erwerbslosen mehr. 13)

11. Oktober
Im Alter von siebenundsechzig Jahren verstarb Peter Vogelsberg. Der Verstorbene war verheiratet mit Amalia, geborene Michels, und seit Gründung des Rektorats Küster und Organist sowie über mehrere Jahre im Gemeinderat tätig. Die Nachfolge im Kirchendienst trat seine Tochter Gertrud Vogelsberg an. Mit Peter Vogelsberg verstarb der letzte männliche Namensträger, der auf Heinrich Vogelsberg zurückgeht. Der in Walldorf geborene Heinrich Vogelsberg heiratete 1834 Anna Katharina, geborene Ruth, und wohnte mit seiner Familie in dem früher sogenannten „Breujes Hus“, heute Anwesen Fritz Gerhards.
Bereits siebenundzwanzig Jahre früher hatte sich Peter Johann Vogelsberg, ein Bruder von Heinrich Vogelsberg, nach Vussem verheiratet. Er heiratete Apolonia Disternich und wohnte mit seiner Familie im heutigen Anwesen Hermanns, Keilbergweg 5. Die Familie des Johann Peter Vogelsberg starb bereits in der nachfolgenden Generation in Vussem aus. 3) 29)

1949

27. März
Der im Kölner Dom zum Priester geweihte Matthias Distelrath feierte in der Rektoratskirche seine Nachprimiz. Matthias Distelrath wurde 1913 geboren und verlebte seine Kind- und Jugendzeit in Vussem. Die Familie Distelrath, verwandt mit der Familie Peter Girards, wohnte bis zu ihrem Umzug nach Euskirchen, etwa um 1930, unterhalb der Schneidmühle im heute sogenannten Haus Schumacher. 14)

Die Volksschüler mit dem Lehrer Hubert Thomae im Jahr 1949

März
Von den immer noch in Gefangenschaft weilenden Soldaten kehrten heute die Brüder Wilhelm und Bertram Berners nach Hause zurück. Wilhelm Berners, einer der am längsten von zu Hause weg war, wurde im Oktober 1940 zum Regiment Hermann Göring eingezogen. Nach Einsätzen in Rußland und auf dem Balkan kam er 1942 nach Afrika. Auf dem Rückmarsch nahmen ihn die Amerikaner im Mai 1943 bei Tunis gefangen. Nach seiner Verschiffung in die USA kam er in Gefangenencamps nach Illinois und Michigan. Im März 1946 erhielt er seine Entlassung nach Europa und landete in Le Havre. Hier musste Wilhelm Berners noch drei Jahre in französischer Gefangenschaft verbringen.
Bertram Berners wurde 1942 zur Luftwaffe eingezogen und kam als Bordfunker nach Lyon in Frankreich. Im Dezember 1944 gelangte er in Elsaß-Lothringen in französische Gefangenschaft.
Er wurde nach Algerien transportiert, von wo es in Richtung Amerika weiterging. Als Folge der deutschen Kapitulation am 8. Mai 1945 kehrte der Gefangenentransport, der schon in Sichtweite der amerikanischen Küste war, nach Marseille zurück. Hier war Bertram Berners bis zu seiner Entlassung in der Land- und Forstwirtschaft tätig. 60) 61)

Erlebnis des in die Kriegsgefangenschaft geratenen Theo Linden in einem Lager bei Minsk in Weißrußland:
„Es war kurz vor Ostern 1949. Manche, auch ich, waren nun schon im achten Jahr in Rußland. Dadurch, daß wir in der jetzt fast vierjährigen Gefangenschaft immer in Fabriken mit den russischen Werksangehörigen zusammengearbeitet hatten, konnten wir uns in der Sprache des Landes einigermaßen verständigen. Unsere Sorgen waren gleich, denn die Menschen hier im Gebiet, das unter dem Krieg schwer gelitten hatte, lebten – weiß Gott – nicht im Überfluß. Nur der Schmied sprach nicht mit uns.
Als ich eines Tages sagte, daß ich ein Werkstück in der Schmiede selber härten wollte, schauten mich meine Kameraden ungläubig an. Niemand von uns hatte bis dahin in der Schmiede arbeiten können. Am nächsten Tag, auf dem Weg vom Gefangenenlager zur Fabrik, sprachen wir von nichts anderem als darüber, wie wohl mein Vorhaben in der Schmiede ausgehen würde.
Am Nachmittag ging ich hin. Es war dunkles und stürmisches Wetter, und ich hörte das Klingen der Hämmer auf Eisen und Amboß. Nach dem Öffnen der Tür sah ich sogleich in dem ansonsten dunklen Raum den Schmied. Seine hohe stattliche Gestalt war von dem hellen Schein des Feuers klar abgezeichnet. Der Geselle, der neben ihm stand, wirkte dagegen zwergenhaft klein. Ich hörte, wie der Geselle sagte: „Ein Deutscher ist in die Werkstatt gekommen.“
Ich ging bis ganz nach vorne. Der Schmied schaute zum Feuer und bewegte eine Eisenstange darin langsam hin und her. Sein Geselle sah mich, auf den großen Hammer gestützt, unentwegt an. Die für diesen Augenblick zurechtgelegten Worte fielen mir nicht ein. Ich sah den Schmied, dem Alter nach hätte er mein Vater sein können, und ich dachte, daß er Angehöriger der russisch-orthodoxen Kirche war. Aus diesem Gedanken heraus sagte ich: „Bald ist ein hoher Feiertag, bald ist Ostern.“
Der Schmied drehte sich zu mir hin und sprach: „Ein Gespräch über Ostern habe ich nicht erwartet, aber was könnt ihr schon über Ostern wissen?“
„Ich gehöre zum christlichen Glauben und kann über Ostern reden“, war meine Antwort. „Nach diesem Krieg ist das für mich nicht einfach zu verstehen“ sagte der Schmied. Dann dachte ich an den Rosenkranz in meinem Brustbeutel. Ich zeigte ihn dem Schmied und sagte: „Vielleicht kann dieses ihnen helfen, meinen Worten zu glauben. Als ich unser Haus verlassen mußte, um in den Krieg zu ziehen, gab ihn mir meine Mutter.“
Der Schmied wurde sehr nachdenklich und sagte, wohl mehr zu sich selbst: „Der Krieg ist an vielem schuld.“ Nach einer Pause dann, er schien wie völlig verwandelt, fragte er. „Wo in Deutschland ist das Haus?“ Aus mir ist es dann nur so herausgesprudelt: all die Erinnerungen an die Eifelheimat, die so anders ist wie die Unendlichkeit der weiten Ebenen des russischen Landes. Ich habe dann, soweit es meine Russisch-Kenntnisse erlaubten, von den Menschen und den Dörfern rund um das Bergwerk in der Eifel erzählt. Von den Festen und Feiertagen, über das, was mir in ständiger Erinnerung war. Auch über die Obstbäume an den Straßen, und das wegen der landwirtschaftlichen Vielfalt alles wie ein großer Garten anzuschauen sei.
Das Feuer war inzwischen ganz heruntergebrannt. Der Tag ging in den Abend über, und der Schmied sagte: „Morgen früh mache ich ein neues Feuer, und dann härten wir zuerst das Werkstück.“ Im Mai 1949 wurde unsere kleine Gefangenengruppe aufgelöst, und wir wurden in die Heimat entlassen. Den Rosenkranz konnte ich aus dem Krieg und Gefangenschaft nach Hause retten. Etliche Perlen fehlen heute. Doch er ist eine Erinnerung an eine schwere Zeit – und an den Willen zur Verständigung.“

September
Das 1944 im Missionshaus eingerichtete Krankenhaus wurde geschlossen und wieder nach Mechernich verlegt. 52)

Herbst
Da sich die wirtschaftliche Lage gebessert hatte, konnte die Schulspeisung entfallen. In der allgemeinen Not, als Folge des verlorenen Weltkrieges und des wirtschaftlichen Zusammenbruches, haben sich auch die Vussemer Schüler über diese Zuwendungen gefreut. Die Schulspeisung wurde von ausländischen karitativen Organisationen ermöglicht. 13)

1950

3. Januar
Unerwartet und zur Freude aller kehrte Josef Winand als letzter Vussemer aus mehrjähriger russischer Kriegsgefangenschaft heim. 47)

Somit kehrten zweiunddreißig Vussemer nicht mehr aus dem Krieg zurück.
Die zweiundzwanzig Gefallenen fanden bereits Erwähnung. Bislang unerwähnt blieben die zehn Vermissten, die von ihren Familien für tot erklärt wurden.

Es sind dies:
Peter Berners, Sohn von Wilhelm Berners und Barbara, geborene Hilberath, vermißt in Rußland; 61)
Heinrich Gülden, Sohn von Michael Gülden und Elisabeth, geborene Wassong, vermißt in Rußland; 62)
Josef Gülden, Ehemann der Gertrud, geborene Blum, aus Mechernich, Bruder von Heinrich Gülden, vermißt in Rußland; 62)
Johann Jansen, Sohn von Josef Jansen, vermißt in Rußland; 61)
Heinz Klein, Sohn von Peter Klein und Margarethe, geborene Esser; 59)
Ludwig Wielspütz, Sohn von Heinrich Wielspütz und Pauline, geborene Serexhe, letzte Nachricht 1945 aus Pillau; 38)
Karl Schröder, Sohn von Andreas Schröder und Barbara, geborene Korth, verheiratet in Magdeburg, letzte Nachricht 1945 aus russischer Gefangenschaft; 63)
Peter Lux, Sohn von Anton Lux, Ehemann der Josefa, geborene Dederichs, aus Weyer, vermißt in Sibirien; 64)
Josef Gülden, Sohn von Hubert Gülden und Ursula, geborene Vogelsberg, letzte Nachricht 1944 aus der Festung Thorn; 65)
Johannes Müller, Sohn von Wilhelm Müller und Ursula, geborene Rutt, als letzter Vussemer sprach Theo Linden im Frühsommer 1944 mit ihm in Riga. 66)

März
Aus der Volksschule wurden folgende sechs Mädchen und Jungen entlassen:

Anna Elisabeth (Ursula) Hein,
Inge Kaltwasser,
Anna Klinkhammer,
Katharina Müller,
Kathi Wagner,
Amalie Wagner,
Walter Gülden,
Peter Gülden. 13)

20. Mai
In Einmütigkeit feierte die Dorfgemeinschaft die Goldene Hochzeit der Eheleute Johann Winand und Gertrud, geborene Renn. Das Fest begann mit einem Fackelzug, den die Feuerwehrleute und die Schulkinder mit einer Musikkapelle an der Spitze zu dem festlich geschmückten Haus des Jubelpaares in der Ackergasse führte. Hier brachten Musikkapelle, Kirchenchor und Gesangver¬ein ein Ständchen. Ortsvorsteher Albert Hein und Rektor Finke überbrachten Glückwünsche im Namen der Gemeinde beziehungsweise Pfarrgemeinde. 13)

13. Juni
„Gegen 12 1/2 Uhr verdunkelte sich das Himmelsgewölbe. Ein furchtbares, seit Jahren hier nicht gewesenes Hagelwetter ging im Bereich des Dorfes nieder; Hagelkörner, dick wie Spielsteine, schlugen gegen die Fensterscheiben. Das Unwetter war begleitet durch starkes Donnern und Blit-zen. Die Dorfstraße verwandelte sich schnell in einen Bach. Die Gärten und Felder wurden hart mitgenommen“. 13)

17. Juni
Eröffnungsversammlung, Neugründung des Männergesangvereines 1892 Vussem
„Auf vielseitigen Wunsch hin, der alten Mitglieder, sowie der sangesfreudigen Jugend, wurde eine Zusammenkunft einberufen. Der Vorsitzende des alten Vereines Johann Sistig, gab Bericht über die Ziele des Vereines, sowie über das noch vorhandene Vereinseigentum. Auf vielseitigen Wunsch hin wurde Josef Luxen aus Vussem gebeten, den Verein in gesang- und musikalischer Hinsicht zu führen. Josef Luxen nahm den Posten als Dirigent mit dem Hinweis an, keine Vergütung dafür zu erhalten. Die Vorstandswahl wurde verschoben.“ 67)

13. August
Im Gasthof Schneider fand eine weitere Versammlung des Männergesangvereins statt. Auf der Tagesordnung stand:

1. Wahl des vorläufigen Vorstandes,
2. Übernahme der Satzung von 1892,
3. Aufnahme von Mitgliedern.

Die Versammlung, die von fünfzehn Sängern besucht war, wählte zum
1. Vorsitzenden: Johann Sistig,
Kassierer: Alex Wielspütz,
Schriftführer: Josef Hein. 67)

15. August
Das Friedenskreuz kehrte von Rom nach Aachen zurück. Auf seinem Weg durch das Bistum trugen es die Vussemer Männer unter großer Beteiligung von Vussem nach Eiserfey. 14)

19. November
Pater Finke, Rektor der Kirchengemeinde Vussem-Breitenbenden, wurde, nach dem er vier Jahre die Rektorstelle inne hatte, nach Berlin versetzt. Die Gemeinde bedauerte die Versetzung des beliebten Rektors sehr. Vor dem Krieg war er schon im Missionshaus in Vussem tätig gewesen und kannte daher die Kirchengemeinde sehr genau. Neben der Seelsorgetätigkeit widmete sich Pater Finke besonders der Musik, was sich in der Leistungsstärke des Kirchenchores niederschlug. 14)

3.Dezember
Der neue Rektor, Pater Friedrich Ratte, ist aus Berlin-Mariendorf hier eingetroffen. Vor dem Mis-sionshaus begrüßte der stellvertretende Vorsitzende des Kirchenvorstandes Albert Hein den neu-en Rektor. Der Kirchenchor sang unter der Leitung des Pfarrers Dr. Koch aus Holzheim „Die Himmel rühmen“. Anschließend geleitete die Gemeinde den Rektor zur Kirche, wo sich Pater Friedrich Ratte vorstellte. 14)

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