Am Friedhofsweg Nr. 3 in Vussem steht ein Gebäude, das vielen Einwohnern bis heute unter einem ungewöhnlichen Namen bekannt ist: die „Kaserne“. Wer an militärische Nutzung denkt, liegt jedoch falsch – denn mit Soldaten oder Garnison hatte dieses Anwesen nie etwas zu tun. Seinen Spitznamen erhielt es vielmehr durch die besondere Nutzung im frühen 20. Jahrhundert und die damit verbundene lebhafte Bewohnerfluktuation.
Bau und frühe Nutzung (Ende 19. Jahrhundert – 1924)
Erbaut wurde das markante U-förmige Gebäude von den Eheleuten Johannes Diesternich und Barbara Diesternich, geb. Golbach, die 1878 heirateten.
Bauweise und Struktur:
Zunächst entstanden das Wohnhaus und der rechte Stalltrakt (von der Straße aus betrachtet). Anschließend folgte der Querbau, der das Ensemble zu einem U schloss. Das Mauerwerk besteht zum großen Teil aus Bruchstein, durchsetzt mit Ziegelmauerwerk und ausgemauertem Fachwerk, typisch für die Region Eifel in dieser Zeit. Der straßenseitige Giebel zeigte lange die Spuren einer später vorgenommenen Aufstockung, bevor das Haus seinen heutigen einheitlichen First erhielt.
Die Diesternichs betrieben hier eine kleine Landwirtschaft, ein kleines Geschäft, vermutlich mit Waren für den täglichen Bedarf, und einen Göpel, der von einem Ochsen im Kreis angetrieben wurde. Der Göpel diente vermutlich zum Antreiben eines Mahlwerks oder einer Hebevorrichtung – ein Hinweis darauf, dass die Familie sich ein zusätzliches Einkommen sicherte.
Öffentliches Engagement der Erbauer:
1892 gründete Johannes Diesternich mit Gleichgesinnten den Vussemer Männergesangverein – ein kultureller Meilenstein im Ort und 1920 stifteten die kinderlosen Eheleute ein Teilstück des heutigen Friedhofs. In den schwierigen Zeiten der 20’er Jahre (1924) verkauften die Diesternichs Kurz vor der Inflation das Anwesen an die Fabrikantin Frau Girards.
Die Gründe sind nicht überliefert – liegen vermutlich aber in der Arbeitsbelastung im Alter und der Hoffnung sich mit dem Erlös einen einen ruhigeren Lebensabend zu sichern
Tragisch: Wenige Tage später war ihr Geld nahezu wertlos. Die beiden zogen in eine Wohnung des Hammerwerks bei der Schneidmühle um.
Johannes verstarb 1927, Barbara (geb. Golbach) 1935.
Die Entstehung des Namens „Kaserne“ (1924–1960er Jahre)
Nach dem Erwerb ließ Frau Girards das Gebäude umbauen. Es entstanden mehrere kleine Wohneinheiten für die Bediensteten der Firma Girards. Damit begann eine Phase hoher Bewohnerwechsel: Familien kamen, Familien gingen, Zimmer wurden neu belegt, im Hof herrschte ständiges Leben und Bewegung.
Dieser stetige Ein- und Auszug führte bald zu einem geflügelten Wort im Dorf:
„Hier geht es zu wie in einer Kaserne!“
Damit war der Name geboren – und blieb bis heute.
Viele Familien fanden für kürzere oder längere Zeit ein Zuhause in der „Kaserne“. Genannt seien u.a.: Schildgen, Luxen, Reinartz, Hein, Dreesen, Zalfen, Zumbe, Braun und Nießen.
Vom Gemeindebesitz bis zum Brand (1960–1970)
Anfang der 1960er Jahre ging das Anwesen in den Besitz der Gemeinde Vussem/Bergheim über. Es wurde auch weiterhin vermietet, diente mehreren Familien als Übergangs- oder Dauerwohnraum. Im Januar 1969 brannte ein Teil des Hauses ab und einige Bereiche wurden unbewohnbar. Ob es sich um einen Kaminbrand oder einen technischen Defekt handelte, ist nicht überliefert.
Die „Kaserne“ im Wandel – Musiktreff, Sanierungen und neue Besitzer (1970–1995)
Als das große Gebäude in den frühen 1970er Jahren leer stand, entdeckte die Vussemer Jugend es für sich: Der ehemalige Wohntrakt wurde vorübergehend als Musiktreff genutzt. Zeitzeugen berichten noch heute von improvisierten Proben, Gesprächen und ersten „Bandprojekten“ der Dorfjugend. Auch als Rückzugsraum für erste Liebschaften war das verwinkelte Gebäude bestens geeignet – so zumindest die Legenden!
Wechselnde Eigentümer
Nach dieser Phase folgten mehrere Besitzer wie Herr Sagante, der Teile des Hauses für sich ausbaute. Nach seinem Tod übernahm die Familie Rodrigues, die weitere Verbesserungen am Wohnstandard vornahm.
Die heutige Form – Sanierung ab 1995
1995 erwarben Brigitte und Wolfgang Schulz aus Köln das historische Anwesen.
Sie führten gründliche Kernsanierungen durch, die das Aussehen des Gebäudes nachhaltig prägten. Dank ihres Engagements präsentiert sich die „Kaserne“ heute als gepflegtes, harmonisches Gebäudeensemble, das seinen historischen Charakter bewahrt, aber modernen Wohnansprüchen entspricht.

1995 erwarben Brigitte und Wolfgang Schulz aus Köln das historische Anwesen.
Sie führten gründliche Kernsanierungen durch, die das Aussehen des Gebäudes nachhaltig prägten.
Dank ihres Engagements präsentiert sich die „Kaserne“ heute als gepflegtes, harmonisches Gebäudeensemble, das seinen historischen Charakter bewahrt, aber modernen Wohnansprüchen entspricht.
Fazit
Die „Kaserne“ am Friedhofsweg 3 ist ein bedeutendes Zeugnis der Vussemer Ortsgeschichte: Ein Bauernhof wird zu einem Mehrfamilienhaus, ein Wohnquartier zu einem sozialen Treffpunkt, ein altes Anwesen zu einem liebevoll restaurierten Wohngebäude.
Der Name „Kaserne“ erinnert heute noch an eine Zeit, in der hier viele Familien ein Zuhause fanden – wenn auch nur für eine Weile.























































